New York, 2016.
In den gläsernen Bürotürmen der Investmentbank Lazard herrscht Schweigen. Kaffee dampft, Excel-Fenster flimmern, Formeln rauschen durch die Spalten wie Wall-Street-Flüsterer. Ein Analyst zieht an seinem Hemdkragen, tippt die letzte Zahl ein, speichert die Datei – und ahnt nicht, dass er gerade 400 Millionen Dollar verschwinden lässt.
🧮 Der Deal der Giganten
Die Geschichte beginnt mit einem dieser Elon-Musk-Momente. Tesla, das Elektroauto-Phänomen, möchte SolarCity übernehmen – ein Solarunternehmen, das zufällig von Musks Cousins gegründet wurde [4]. Musk selbst ist Großaktionär bei beiden. Das riecht nach Interessenkonflikt, also soll eine neutrale Partei den Wert von SolarCity prüfen: die ehrwürdige Investmentbank Lazard Ltd.
Dort setzt man sich ans Werk – wie so oft: mit Excel. Schließlich ist Excel das Rückgrat der Finanzwelt. Millionen, Zinsen, Cashflows – alles in fein verknüpften Formeln.
Doch in diesem Fall wird Excel zum digitalen Stolperdraht.
💣 Eine Zelle zu viel
Ein Analyst – Name unbekannt, vermutlich inzwischen in Rente oder Therapie – trägt in einer Tabelle die Schulden von SolarCity ein[1]. Und weil Excel bekanntlich gerne hilft, fügt er sie zweimal hinzu. Kleine Ursache, große Wirkung: Die Bewertung des Unternehmens sinkt um rund 400 Millionen US-Dollar[2].
Im offiziellen Bericht an die US-Börsenaufsicht SEC stand plötzlich, dass SolarCity nur 14,75 bis 34 Dollar pro Aktie wert sei. Nach der Korrektur waren es 18,75 bis 37,75 Dollar[2]. Der Unterschied: eine halbe Milliarde – oder, in Excel-Sprache: ein Summenbereich zu viel.
🤷♂️ „Ein Tippfehler“, sagt Lazard
Die Bank erklärte den Fauxpas später trocken als „typographical error“[5]. Ein Tippfehler also. Das klingt harmlos – so, als hätte jemand ein Komma vergessen, nicht 400 Millionen.
Aber der Schaden war angerichtet. Der Bericht ging an die Börsenaufsicht, Medien berichteten, und Elon Musk musste sich wieder einmal mit Fragen herumschlagen, die nichts mit Raketen zu tun hatten.
„Einfacher Excel-Fehler“ klingt nach IT-Kurs im Volkshaus, nicht nach Wall Street. Aber genau das war es.
😬 Wenn Profis zu Amateuren werden
Der Fall zeigt etwas Grundlegendes: Selbst in der Finanzwelt, wo Milliarden über den Bildschirm wandern, wird Excel wie ein alter Bekannter behandelt – man verlässt sich blind.
Doch Excel ist kein sicherer Tresor. Es ist eher ein hyperaktiver Assistent: nützlich, schnell, aber manchmal auch zu eifrig. Eine falsche Formel, ein übersehener Zellbezug – und schon verwandelt sich ein DCF-Modell in einen digitalen Slapstick.
Man möchte meinen, dass Investmentbanken komplexe Systeme nutzen. Aber nein – auch dort sind es ganz normale Excel-Dateien. Mit bunten Zellen, verschachtelten Formeln und, wie sich zeigte, menschlichen Fehlern.
🚨 Ein „Lektion in Demut“ – für Milliardenmärkte
Lazard ist kein Einzelfall. Immer wieder zeigen Berichte, dass rund 80–90 % aller Excel-Dateien in Unternehmen Fehler enthalten[6]. Doch selten sind die Folgen so sichtbar.
Ein anonymer Analyst, eine Doppelerfassung, ein unkontrolliertes Modell – und schon steht ein Elon Musk mit gerunzelter Stirn vor der Presse.
Vielleicht dachte er da an SpaceX: „Wenn man schon Raketen zum Mars schickt, sollte man zumindest Excel beherrschen.“
🧠 Was wir daraus lernen (und Elon wohl auch)
Excel ist mächtig – aber kein Orakel. Wer ihm blind vertraut, wird irgendwann vom „#WERT!“-Fehler der Realität eingeholt.
Jede Zelle zählt. Eine doppelte Zeile kann den Unterschied zwischen Erfolg und Schlagzeile bedeuten.
Kontrolle ist kein Misstrauen. Das Vier-Augen-Prinzip rettet nicht nur Beziehungen, sondern manchmal auch Aktienkurse.
📉 Fazit: Die teuerste Zeile der Welt
Am Ende blieb Tesla unbeeindruckt – der Deal wurde abgeschlossen, die Welt drehte sich weiter. Aber der „400-Millionen-Excel-Skandal“ bleibt als mahnende Anekdote bestehen.
Er erinnert uns daran, dass selbst im Zeitalter von KI, Quantencomputern und Weltraumtourismus eine einzige Zelle in Excel genug ist, um Millionen zu bewegen – oder zu verlieren.
🗂️ Quellen:
-
Reuters (2016): SolarCity adviser Lazard made mistake in Tesla deal analysis
-
Fortune (2016): Lazard Made a $400 Million Error in SolarCity’s Valuation
-
TheKeyCuts.com (2020): DCF Spreadsheet Error Leads to $400M Difference in Tesla Acquisition
- Reuters (2016): Tesla’s Musk pushed for SolarCity deal despite major cash crunch: lawsuit
- CNBC (2016): Breakingviews: Elon Musk’s $400 million valuation error
- Forbes (2014): Sorry, Your Spreadsheet Has Errors (Almost 90% Do)



